Für die einen existiert ‚der Satan‘ nicht wirklich – alles doch nur ein vorneuzeitliches Ablenkungsmanöver naiver Menschen, die sich nicht mündig und selbstverantwortlich ihren eigenen Schattenseiten stellen wollen! Für die anderen ist auch heute noch ganz klar nicht nur das Böse, sondern der Böse mit seinem Heer von allerlei konkreten Dämonen eine erfahrbar beherrschende Wirklichkeit. Für den Brief an die Gemeinde in Ephesos/Ephesus ist das allerdings kein Entweder-Oder: Einerseits macht nämlich gerade der zweite Teil des Schreibens mit all den Ermutigungen und Ermahnungen zum neuen Leben in Einheit nur Sinn, wenn die Verantwortung dafür grundsätzlich bei den einzelnen Menschen gesehen wird. Andererseits wird die menschliche Freiheit nicht für so selbstverständlich gehalten, dass man deren dämonische Einschränkung durch satanische Abhängigkeiten und teuflische Gebundenheiten einfach als lächerlichen Aberglauben abtun kann. Stellen wir uns also der Herausforderung, in der nebligen Angelegenheit des geistlichen Kampfes scharfsichtiger und kompetenter zu werden.
Kampfausrüstung Nr. 1: Gottes Waffen
Eph 6,10-17 ist kein wahnhafter Ausrutscher, sondern wohlüberlegt am Briefende platziert. Die Verse 12-13 sprechen von einem Tag, an dem es auf den bewaffneten Widerstand gegen feindliche Mächte und Gewalten ankommt. In der Bibelwissenschaft gibt es unterschiedliche Theorien, von was bzw. von wann hier die Rede ist. Klar ist aber, dass es ausdrücklich NICHT um ein Kämpfen gegen Menschen aus Fleisch und Blut geht! Die Weltbeherrscher, gegenüber denen man siegreich stehen bleiben soll, sind unsichtbar – böse Geister. Entsprechend hilft hier auch keine menschliche Bewaffnung, sondern nur die stärkende Kraft des Herrn (V. 10-11). Und diese wird dann ausbuchstabiert (V. 14-17): Wahrheit, Gerechtigkeit, Bereitschaft für die Gute Nachricht des Friedens, Vertrauen, Rettung, Geist und Wort Gottes.
Die Verweltlichten, die das Überirdische zu gering schätzen, und die Entweltlichten am anderen Pol mögen mit ihren unterschiedlichen Sichtweisen wohl nicht so schnell in Übereinstimmung kommen. Interessant ist aber, dass bei der praktischen Umsetzung das Trennende eigentlich keine Rolle spielt! Egal an welchem Ende des Spektrums man sich befindet – Einheit beim Handeln ist trotzdem möglich. Im Brief stehen ja auch nicht irgendwelche Spezialthemen (z.B. aus dem Bereich des Okkultismus) im Vordergrund, sondern ganz alltägliche Auswirkungen finsterer Kräfte: Feindschaft zwischen jüdischen und anderen Menschen, Irrtum innerhalb der Kirche, lasterhafte Begierden usw. – dagegen sollen wir in erster Linie kämpfen! Und es beginnt mit der Erkenntnis, dass man selbst ebenso vom Problem betroffen ist wie die Person(en) gegenüber. Solange wir also gegeneinander Krieg führen, freut sich weiterhin der Dritte. Sobald wir aber gegen diesen und dessen Schlichen miteinander (!) in die Schlacht ziehen, haben wir bereits gewonnen.
Ist das Ziel also immer, zwischenmenschliche Konflikte zu vermeiden?
Nein! Das Neue Testament präsentiert uns geradezu das gegenteilige Vorbild: Jesus Christus – Störer der Harmonie. Im extremsten Fall (s. Mt 21,12-13; Mk 11,15-17; Lk 19,45-46; Joh 2,14-16) ist er sogar handgreiflich geworden! Trotzdem bedeutet das nicht, dass Jesus zwischendurch aus Versehen ungeistlich gekämpft hat. Egal ob als tätlicher oder (wie sonst normalerweise) verbaler Angreifer – immer ist es ihm darum gegangen, Menschen wachzurütteln und z.B. die Macht des Geldes über deren Leben zu brechen. Die Leute konnten sich davon jedenfalls wieder erholen, während für die bösen Geister ein bleibender Schaden entstanden ist.
Entscheidend ist die Ausrichtung nach oben und nicht auf die irdischen Dinge – so die Zuspitzung des Kolosserbriefs, der mit dem Epheserbrief eng verwandt ist. (Darum ist in der Wissenschaft auch hier umstritten, inwiefern Paulus hinter dem Schreiben steht.) Dabei geht es um eine Gewichtung oder Rangfolge und nicht um die Zielsetzung oder Möglichkeit, das Irdische komplett auszublenden. Ich möchte also auch DICH ermutigen, wie Jesus ganz natürlich übernatürlich zu kämpfen und zu streiten – d.h. ohne Keule und Totschlag(argumente), aber sehr wohl mit geistlicher Bewaffnung und Schärfe.
Online-Ressourcen zum Epheserbrief
Von den Podcast-Serien des Projekts bibletunes gibt es die entsprechende hier zum Herunterladen (je 5-10 min; komplett gesprochener Text + kurzer Impuls). Einen Gesamtüberblick kriegt man, wenn man auf bibelwissenschaft.de den entsprechenden Bibelkunde-Artikel liest oder von Das Bibel Projekt den entsprechenden Youtube-Clip schaut (9 min). Und von Worthaus gibt es folgenden Videovortrag, der sich mit einem weiteren polarisierenden Briefabschnitt brilliant auseinandersetzt (88 min):
Dies war ein Blogartikel im Rahmen meines eigenen Projektes 8etappen.net und ich hoffe, er hat Lust darauf gemacht, auch selbständig auf Bibel-Entdeckungsreise zu gehen! Fange doch auch mit Etappe 1 an und folge mir in deinem eigenen Tempo! Ich fahre inzwischen mit Etappe 8 fort und werde so demnächst einen kurzen Artikel zum Philemonbrief schreiben sowie hier veröffentlichen. Deine Bemerkungen zum Epheserbrief würden mich übrigens auch sehr interessieren – Kommentieren ist also höchst erwünscht!!