Entrückung: 2x Herrliches im Buch Hesekiel

Es klingt nach Raumschiff-Film oder Endzeit-Roman: Plötzlich wird man auf spektakuläre Weise entrückt – weggebeamt von einem Ort zum anderen. In der Bibel werden solche Geschichten allerdings ziemlich unaufgeregt erzählt. Wer von einem räumlich und zeitlich souveränen Gott ausgeht, sollte auch überall und immer mit so etwas rechnen – sei es endgültig wie bei Henoch, sei es während eines begrenzten Zeitraumes wie bei Paulus. Auch Hesekiel erlebt solche Versetzungen – allerdings nicht in den Himmel, sondern innerweltlich. In meinem ersten Blogartikel zu diesem Propheten habe ich nicht darüber geschrieben, sondern über bildhafte Vergleiche. Nun hole ich das aber nach und stelle hier zwei visionäre Reisen vor.

1. „Und die Herrlichkeit des HERRN erhob sich…“

Kapitel 11 ist für eine längere Pause das letzte, in dem Hesekiel etwas vom herrlichen Gott Israels sieht. Drei Kapitel davor hat die vorläufig letzte Vision begonnen – und mit der ersten das Buch überhaupt. Noch einmal liest man von übernatürlichen Begleiterscheinungen wie den geflügelten Cherubim (Gott dienende Wesen) und Rädern (Vers 22). Der Seher beobachtet das alles vom östlichen Tor des Jerusalemer Tempels, wohin ihn ein Wind gebracht hat (V. 1). Der HERR hat nämlich sein Haus verlassen und verabschiedet sich nun auf dem Berg im Osten der Stadt (V. 23). Danach verschwindet er – und ein Wind bringt Hesekiel zu den (von Jerusalem nach Chaldäa/Babylon) Weggeführten, denen der Prophet nun alles ihm Gezeigte sagt (V. 24-25).

Unser Gott ist ausgezogen – WEG! Das ist das Gericht über die jüdischen Männer, die sich so gut aufgehoben fühlen wie Fleisch im Topf (V. 2-3). Doch Hesekiel soll ihnen sagen (V. 6-7): „Ihr habt viele erschlagen in dieser Stadt, und ihre Gassen liegen voll Toter. Darum, so spricht Gott der HERR: Die ihr in der Stadt erschlagen habt, die sind das Fleisch, und sie ist der Topf; aber ihr müsst hinaus.“ Menschliche wird also auf die göttliche Abwesenheit folgen, indem die Männer aus Jerusalem herausgetrieben werden und durchs Schwert fallen (V. 9-10). Allerdings wird das nicht das Ende sein, sondern die Vorgeschichte zu einem Neubeginn Gottes (V. 17-20): Der HERR will das Land Israels den Zerstreuten geben, die aus den Völkern dorthin zurückkommen und alle Götzen und Gräuel wegtun werden; er will ihnen ein anderes Herz geben, damit sie als sein Volk in seinen Geboten wandeln werden.

2. „…die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus.“

Kapitel 43 ist Teil der allerletzten Vision Hesekiels, mit der das Buch endet. Der Beginn war auch hier bereits drei Kapitel davor, aber nun kommt das Entscheidende: Ein vom HERRN gesandter Mann führt den Seher durch einen neuen Jerusalemer Tempel – und dabei ist es wieder das östliche Tor, wo der herrliche Gott Israels brausend erscheint und durch das er in sein Haus hineinkommt (Verse 1-4). Dann wird Hesekiel, der auf sein Angesicht niedergefallen war, in den inneren Vorhof gebracht – wieder von einem Wind (V. 5). Und dort hört der Prophet einen mit ihm reden (V. 6) – nämlich den HERRN selbst.

Unser Gott ist zurückgekehrt – DA! Das soll Hesekiel detailliert beschreiben – den erwählten Tempel dem erwählten Israel zu dessen Beschämung (V. 10-11). Der HERR hat nämlich zum Propheten gesprochen (V. 7): „Du Menschenkind, das ist der Ort meines Thrones und die Stätte meiner Fußsohlen; hier will ich für immer wohnen unter den Israeliten.“ Das Volk habe zwar den heiligen Gottesnamen durch die von ihm begangenen Gräuel entweiht – nun aber solle es seinen Götzendienst wegtun (V. 8-9). Weiter folgen das Gesetz des Tempels und die Maße des Altars sowie die Ordnungen für Opfer (V. 12-27) – zur priesterlichen Entsündigung und zur göttlichen Begnadigung.

Soll ich solche Drogentrips etwa als Offenbarung ernstnehmen?

Man kann natürlich fragen, ob Hesekiel bestimmte Substanzen geraucht oder an welcher psychischen Störung er gelitten habe. Und selbst wenn man das nicht tut, wirken diese Erscheinungen ja auf jeden Fall sehr menschlich: Mobilität durch Flügel und Räder, ein neuer Tempel mit doch irgendwie alten Konzepten – wobei wir ein Heilsversprechen mit einem rettenden UFO demgegenüber zwar für moderner, aber in der Regel trotzdem nicht für göttlicher halten würden. Gleichzeitig wäre es wohl eine heillose Überforderung, wenn sich Gott ganz jenseits der Vorstellungen einer bestimmten Zeit offenbaren würde. Es gäbe keine Worte dafür, sondern nur Sprachlosigkeit. Darum finden wir etwa auch beim Propheten Sacharja ganz diesseitsnahe Zukunftsbilder, um das neue Jerusalem zu beschreiben. Egal wie verrückt Hesekiel also wirklich war – ich kann ihn ebenso würdigen! 

Spannend ist der Vergleich mit dem neutestamentlichen Seher Johannes (s. Offb 21,9-27): Auch er wurde im Geist auf einen Berg geführt und sah aus dem Himmel die heilige Stadt Jerusalem (die Gottes Herrlichkeit hatte) herniederkommen. Allerdings sah er keinen Tempel darin, weil in dieser Funktion der Allmächtige und das Lamm (= Christus, der sich geopfert hat) nun selbst gegenwärtig sind! Durch Jesus ist für Johannes also etwas vorstellbar geworden, was für die alttestamentliche Prophetie noch eine Unvorstellbarkeit gewesen war. Was nimmst DU an deinem Ort (bzw. in deiner Zeit) wahr oder nicht? Würdest du sagen, dass Gott gerade eher (1) weg oder (2) da ist? Auch wenn du bisher keine solchen Versetzungen wie Hesekiel & Co. erlebt hast, bete ich für deine einzigartige Reise zur immer stärkeren Erfahrung der Gegenwart Gottes!

Youtube-Favoriten zum Buch Hesekiel

Das ev.-ref. Forum St. Gallen hat auf seinem Kanal das Video Auferstehung der Gebeine (80 min) veröffentlicht, in dem ein Rabbiner das ebenfalls spannende Kapitel 37 aus seiner jüdischen Sicht liest. Diese starke Bibelstelle kommt auch in folgendem Vortrag von Worthaus über den Heiligen Geist im Alten Testament vor (85 min):

Das war ein Blogartikel im Rahmen meines Projektes 8etappen.net und ich hoffe, er hat Lust darauf gemacht, auch selbständig auf biblische Entdeckungsreise zu gehen! Fange doch auch mit Etappe 1 an und folge mir in deinem eigenen Tempo! Ich selbst lese gerade nach meinem zweiten Vertiefungsplan In 3 Etappen durch die Bibel weiter und werde so demnächst einen kurzen Artikel zum Buch Jesaja schreiben sowie hier veröffentlichen. Deine Bemerkungen zu Hesekiel würden mich übrigens auch sehr interessieren – Kommentieren ist also höchst erwünscht!!

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