Vergleiche: 3x Bildhaftes im Buch Hesekiel

Man kann etwas einfach als „unnütz“ bezeichnen. Oder man fügt z.B. noch „wie ein Sandkasten in der Sahara“ hinzu. Eine solche Veranschaulichung steigert die Einprägsamkeit natürlich sehr. Beim Propheten Hesekiel oder Ezechiel finden wir eine Sprache, die solche Techniken meisterhaft beherrscht. Insbesondere mit Illustrationen aus der Tier- und Pflanzenwelt wird nicht gespart. Das Buch verarbeitet die jüdische Erfahrung der Verschleppung nach Babylon und endet mit der Vision von einem neuen Jerusalem mit einem neuen Tempel. Diese Idealvorstellung steht freilich in Spannung zu dem, was bei späteren Kollegen wie Maleachi als eingetroffene Wirklichkeit beschrieben wird. Und so gibt es vom einen oder anderen Bild dann auch eine Fortsetzung im Neuen Testament. Fangen wir aber vorne an und schauen wir uns drei Beispiele genauer an.

1. Adler und Weinstock

In Kapitel 17 wird die damalige politische Situation mit einem Gleichnis ausgedrückt (Verse 1-10): Ein Adler brach einerseits den Wipfel einer Zeder ab und pflanzte andererseits einen Weinstock, welcher seine Ranken und Wurzeln dann jedoch einem anderen Adler zuwandte. Die Auslegung wird gleich mitgeliefert (V. 11-21): Der König von Babylonien (Nebukadnezzar) nahm den König von Jerusalem (Jojachin) mit sich und setzte einen anderen (Zidkija) ein, welcher dann jedoch Unterstützung beim König von Ägypten (Hofra) sucht. Und wiederholt wird dazu die rhetorische Frage gestellt, ob das gut gehen wird.

Der Zocker-König Hiskija erlebte den Untergang von Samaria, während er selbst glimpflich davonkam. Auch für Hesekiel hätte es schlimmer ausgehen können: Mit dem abgebrochenen Wipfel der Zeder sozusagen landete er zwar auch ohne viel Bedenkzeit im babylonischen Exil. Viel verheerender war aber, wie sich der Weinstock danach verzockte. Die Prophezeiung des völligen Verdorrens erfüllte sich tatsächlich; die Jerusalemer Königsdynastie war wirklich nicht mehr zu retten. Allerdings endet das Kapitel mit Gottes hoffnungsvollem Versprechen, dass auf die Erniedrigung des hohen Baumes dann doch wiederum die Erhöhung des niedrigen Baumes folgen wird (V. 22-24).

2. Krokodil und Schilfrohr

In Kapitel 29 beginnen Prophezeiungen über Ägypten, wobei am Anfang gleich zwei Bilder stehen (Verse 1-12): Zuerst wird der Pharao mit einem Krokodil verglichen, das Gott mit Haken aus dem Nil ziehen und in die Wüste schleudern wird. Und dann wird Ägypten als Schilfrohr bezeichnet – als ein splitternder Stab, auf den man sich nur zum eigenen Nachteil stützt. Letzteres ist wohl eine Anspielung auf die verheerende Suche nach Unterstützung gegen Babylonien (s. oben). Interessanterweise beschränkt Gott jedoch das von ihm angekündigte Strafgericht auf 40 Jahre; er will auch für Ägypten – künftig zwar ein klein bleibendes Königreich – alles wieder zum Guten wenden (V. 13-15).

Die ägyptische Herrschaft über Israel war schon einmal durch göttliche Befreiung beendet worden. Offenbar ist sie aber eine bleibende Bedrohung geblieben. Gott verspricht also Schwächung und Verminderung auf der Seite Ägyptens, damit sich für sein Volk dieses Abhängigkeitsverhältnis nie mehr wiederholt (V. 16). Die babylonische Vormachtstellung wird von ihm genutzt, um andere Machtmenschen in die Schranken zu weisen. Dass für Babylon selbst auch wiederum auf den Aufstieg der Fall folgen wird, prophezeit Hesekiel übrigens nicht. Er hält im Exil wohl schlauerweise den Mund darüber, was seinem Aufenthaltsort blüht.

3. Schafe und Weideland

In Kapitel 34 ist nach dem Blick in die Fremde das Auge noch einmal auf die eigenen Könige gerichtet, die sich gerne metaphorisch als Hirten bezeichneten (Verse 1-10): Gott fordert seine Schafe zurück, da für sie nicht gesorgt wurde. Sie hatten niemanden, der die Verlorengegangenen gesucht oder einem schwachen Tier geholfen hätte. Stattdessen wurden sie unterdrückt oder sie fielen den Raubtieren zur Beute. Und so kündigt Gott an, dass er sich selber um seine Herde kümmern will (V. 11-22): Er holt sie aus der Fremde heraus und bringt sie ins Weideland Israel zurück. Die Auseinandergetriebenen sammelt er und führt sie zu ihren Ruheplätzen. Er verschafft ihnen ihr Recht und will die starken Tiere in Schranken halten.

Hesekiels Prophezeiung gipfelt in einem Bund des Friedens und der Sicherheit zwischen Gott und Volk (V. 23-31): Das Land wird zu einem prächtigen Garten gemacht, was sowohl Fruchtbarkeit als auch Sorglosigkeit verspricht. Und ein Nachkomme Davids soll Fürst sein – obwohl die Jerusalemer Königsdynastie ja eigentlich nicht mehr zu retten war (s. oben). Das Ganze erinnert an den schützenden und leitenden Superhelden, von dem zuvor bereits der Prophet Micha gesprochen hatte. Und für das Neue Testament wird das alles in Jesus von Nazareth erfüllt.

Und was soll jetzt bitte das Neue bei Jesus sein?

Natürlich stellte sich Jesus zunächst ebenso in die Tradition des Alten Testaments wie andere jüdische Lehrer seiner Zeit und wie diejenigen vor ihm, die als wahre Propheten erkannt worden waren. Auch er lehrte und prophezeite durch Gleichnisse und andere Bildworte, wofür ihm – wie seinem Vorgänger Hesekiel – Fauna und Flora des Alten Orients zur Verfügung standen. Die endzeitliche Sammlung verglich er mit der Trennung zwischen guten und unbrauchbaren Fischen im Netz oder zwischen Unkraut und Weizen. Nichtsdestotrotz ist er mehr als einfach ein weiterer Apokalyptiker. Und er ist auch nicht einfach nur derjenige, der die Schafe besser sammelt als alle anderen Hirten.

Jesus hat sich selbst als den einzig wahren Zugang zum Stall bzw. ins Freie vorgestellt (Joh 10,9): „Ich bin die Tür für die Schafe. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet. Er wird ein- und ausgehen und Weideland finden.“ Jesus beansprucht sozusagen das absolute Monopol auf Rettung. Wie stehst DU dazu? Vielleicht nutzt er ein „Babylonien“ in deinem Leben so lange, bis du endlich zur Einsicht kommst (1). Vielleicht entzaubert er ein “Ägypten” in deinem Leben so lange, bis du dich endlich davon lösen kannst (2). Vielleicht verändert er das “Israel” in deinem Leben so lange, bis du darin endlich ihn und seinen Frieden zum Ziel hast (3). Jesus lädt dich zu solchen (möglicherweise sehr schmerzhaften, aber auf jeden Fall sehr) heilsamen Prozessen ein. Schrecke nicht davor zurück, sondern begib dich mutig hinein!

Links zum Buch Hesekiel

Auf bibelwissenschaft.de findet man einen hilfreichen Überblick. Das Bibel Projekt bietet auf Youtube ebenfalls eine Zusammenfassung, die grafisch besonders nett aufbereitet ist – aufgegliedert in Teil 1 und Teil 2 (beide jeweils unter 8 min). Und von Sommers Weltliteratur to go gibt es noch eine Version mit Playmobil-Figuren, deren Humor vielleicht nicht alle gleich stark teilen (unter 9 min):

Dies war ein Blogartikel im Rahmen meines eigenen Projektes 8etappen.net und ich hoffe, er hat Lust darauf gemacht, auch selbständig auf Bibel-Entdeckungsreise zu gehen! Fange doch auch mit Etappe 1 an und folge mir in deinem eigenen Tempo! Ich fahre inzwischen mit Etappe 8 fort und werde so demnächst einen kurzen Artikel zum Buch Daniel schreiben sowie hier veröffentlichen. Deine Bemerkungen zum Buch Hesekiel würden mich übrigens auch sehr interessieren – Kommentieren ist also höchst erwünscht!!

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