Aufruf: 3x Rühmen in den Psalmen

Durch positive Leistung kann man weltweit Ruhm und Ehre erwerben. Allerdings wird früher oder später auch klar, wie vergänglich Ansehen ist. Anders ist es bei der Verehrung Gottes, die laut der Bibel letztlich jenseits der Zeit begründet ist und also nicht einfach mit der Erinnerung an das geleistete Gute allmählich ausläuft. Die Psalmen reden aber nicht nur davon, warum wir zur Anbetung aufgerufen sind. Sie geben auch Antwort auf andere Fragen: Wen genau beten wir an? Wo sollen wir dazu hingehen? Wann ist der beste Moment dafür? Wie lange soll der Lobpreis dauern? Folgende drei Punkte werden dabei wiederholt betont, so dass man sie innerhalb der Psalmensammlung(en) an verschieden Stellen antreffen kann.

1. Preist den Herrn, EUREN Gott!

Halleluja – Preist den Herrn! Ihr seine Diener, preist ihn! Rühmt seinen großen Namen!

So lautet der erste Vers von Psalm 113 und damit auch der Beginn des sogenannten Pessach-Hallels, zu dem auch noch die darauffolgenden fünf Psalmen gehören. Diese Gruppe von Lobliedern, die unter anderem an das erste Pessach-Fest der Israeliten in Ägypten erinnert, wird in jüdischen Familien bis heute feierlich gesungen (z.B. am Sederabend). Es wird also deutlich, dass es hier um einen ganz spezifischen Herrn geht – nämlich um Jahweh, der sein eigenes Volk aus der Sklaverei befreite! Und dem stand damals weniger gegenüber, dass man auch keinem Gott dienen konnte. Eher war man einfach einem anderen (oder mehreren Göttern) zugehörig. Darum hebt auch Psalm 68 die spezielle Verbindung hervor, die jener Herr eingegangen ist – der himmlische König über alle irdischen Könige (inkl. den ägyptischen):

Ehrfurcht gebietend ist Gott, wenn er aus seinem Heiligtum hervortritt! Er ist der Gott Israels, er verleiht seinem Volk Stärke und Macht. Gott sei gepriesen!

2. Dankt ihm, ÜBERALL und IMMER!

Herr, unser Herrscher! Groß ist dein Ruhm auf der ganzen Erde! Deine Hoheit reicht höher als der Himmel.

Mit diesen Worten beginnt Psalm 8, der weniger an der besonderen Gottesbeziehung und Geschichte Israels als am Menschen allgemein interessiert ist. Und darum ist der Ruhm des Herrn auch nicht nur auf (den Tempel von) Jerusalem beschränkt. Von der kompletten Erde bis über den Himmel hinaus – die göttliche Hoheit wird hier wirklich universal beschrieben. Auch wenn also das jüdische Volk für die Bibel zentral ist, wird der Rest der Welt dadurch trotzdem nicht ausgeklammert. Psalm 96, welcher der mittlere von sieben um das Thema von Jahwes Königtum gruppierten Psalmen ist, denkt ebenfalls räumlich in maximaler Dimension – und fügt hinzu, dass das Rühmen auch zeitlich nicht (z.B. auf Festtage) begrenzt ist:

Singt dem Herrn, dankt eurem Gott, verkündet Tag für Tag, wie gern er hilft!

3. Singt ihm, ihr LEBEWESEN!

Alles, was atmet, soll den Herrn rühmen! Preist den Herrn – Halleluja!

Das ist der letzte Vers von Psalm 150 und damit vom Psalter überhaupt! Man spricht hier vom Schluss-Hallel, zu dem auch schon die vier vorangehenden Psalmen zählen. In dieser Halleluja-Gruppe wird noch einmal beides unterstrichen – sowohl der Bezug zur Geschichte des Volkes Israel als auch die Universalität des Gotteslobes. Letztere wird dabei auf das Fazit hin zugespitzt, dass eigentlich lediglich noch ein Entschuldigungsgrund akzeptiert wird. Die Toten sind es nämlich, die den Herrn nicht preisen. Von denjenigen mit Lebensatem hingegen wird erwartet, dass sie diesen in Flöten und Hörner blasen oder sich mit anderen Instrumenten bzw. mit Freudentanz verausgaben. Im Verständnis von Psalm 104 brüllen sogar die Löwen zu Gott, so dass es bei Mensch und Tier (und Pflanze…) letztlich nur um vielfältige Ausdrucksformen derselben geschöpflichen Lebendigkeit geht:

Ich will dem Herrn singen mein Leben lang; meinen Gott will ich preisen, solange ich atme.

Und wenn ich mit Preisen, Danken, Singen nichts anfangen kann?

Es geht auch ohne Lieder, ja – aber es gibt wohl kaum einen Menschen, der nie irgendetwas oder irgendjemanden feiert. Zwar mag uns niemand befehlen, ein babylonisches Standbild anzubeten. Aber das atheistische oder agnostische Denken in unserer Kultur verschleiert, dass wir uns von einer Situation mit konkurrierenden Göttern eigentlich doch nicht so weit entfernt haben: In der aktuellen Pandemie fordern führende Stimmen aus der Medizin, alles der körperlichen Gesundheit unterzuordnen. Und darauf reagieren wiederum mächtige Stimmen aus der Wirtschaft damit, dass gefälligst weiter das Geld die Welt regieren soll. Na – da höre ich doch lieber auf die befreienden Stimmen aus der Bibel, wo der Stellenwert der beiden Dinge durch einen Gott der Liebe relativiert wird! Diesen will ich also verehren – mit einer Begeisterung, die ich gerne auch in Gemeinschaft ausdrücke. Und dazu eignet sich natürlich nichts so gut wie die Musik.

Manche haben auch das umgekehrte Problem – nämlich dass sie mit Lobpreis schon angefangen haben, bevor man sie überhaupt richtig dazu aufrufen konnte. Sie erleben vielleicht Jesus und seine heilende Kraft, aber ihre Anbetung erfährt keine Neuausrichtung. So gelangten damals Paulus und Barnabas ungewollt zu einem (kurzen) Moment eigenen Ruhmes, während sie eigentlich für die Zuwendung zum lebendigen Gott warben und dabei sehr Ähnliches sagten wie in den obigen drei Punkten (s. Apg 14,15-17). Was fordert DICH am meisten heraus? Dass Gott (1) dir nicht losgelöst von dieser seltsamen Israel-Geschichte begegnen will, (2) deine Aufmerksamkeit gleichzeitig nicht nur an besonders heiligen Orten zu besonders heiligen Stunden wünscht oder (3) den ganzen Lebensatem in dir also zu seiner Ehre vorgesehen hat? Es gibt noch so viel mehr zu entdecken – herzliche Empfehlung!

Psalmvertonungen auf Youtube

Wirklich überall wollen menschliche Lebewesen ihren Gott rühmen: Am Rand des Pfälzerwalds singt Markus Kohl seine deutschen Bearbeitungen von Psalm 96 und Psalm 113. Letzterer wird auch im Rahmen des Impro-Projekts Psalmsurfing von Graham Kendrick interpretiert sowie Psalm 147 von Stuart Townsend – beide englische Vollzeitmusiker, die südlich von London daheim sind. Vom kanadischen Projekt The Shiyr Poets gibt es eine Gute-Laune-Version von Psalm 8. Tommy Walker ist mit seiner Band von Los Angeles nach Zambia geflogen und hat seine jazzige Komposition zu Psalm 150 dorthin mitgebracht. Zu dieser Nummer gibt es zudem von MIQEDEM aus Tel Aviv eine sowohl traditionelle als auch moderne Instrumentierung zum originalen Hebräisch – als Live-Konzert-Video, aber auch in Form des folgenden Crowd-Lockdown-Clips:

Dies war ein Blogartikel im Rahmen meines eigenen Projektes 8etappen.net und ich hoffe, er hat Lust darauf gemacht, auch selbständig auf Bibel-Entdeckungsreise zu gehen! Fange doch auch mit Etappe 1 an und folge mir in deinem eigenen Tempo! Ich bin hiermit am Ende der letzten Etappe angelangt, werde aber in den kommenden Monaten noch ein paar Bonus-Artikel schreiben. Das war also noch nicht der letzte. Deine Bemerkungen zu den „Aufruf zum Rühmen“-Psalmen würden mich übrigens auch sehr interessieren – Kommentieren ist also höchst erwünscht!!

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